Wie leben Menschen, die nicht nur ihre vertraute häusliche Umgebung verloren haben, sondern
auch noch die Eigenständigkeit des Atmens? Wie gehen sie mit diesem schwerwiegenden Verlust um?
Gibt es in ihrem Leben so etwas wie „Gewinn“? Diakon Dr. Barthel Schröder hat diese
Fragen den Bewohnern und dem Personal der „Beatmungspflege St. Severinus“ (in
unmittelbarer Nähe des „Severins-Klösterchens“, wie das Krankenhaus der
Augustinerinnen genannt wird) gestellt. Ein ganz besonderes Gespräch, das ihn selbst sehr bewegt
hat.
Große helle Zimmer im fünften und sechsten Stock, die einen herrlichen Blick über Köln
ermöglichen, erwarten den Besucher. „Wir möchten, dass die Bewohnerinnen und Bewohner die
Einrichtung als Zuhause erleben, deshalb können die Zimmer individuell gestaltet werden, mit
wohnlicher Atmosphäre.“ Das ist Stephanie Armbrecht und Hubert Andert (Pflegedienstleitung)
wichtig. Zum Konzept des Hauses gehört auch, dass die Bewohner jederzeit ohne Zeitbeschränkung
besucht werden können, damit ein problemloser Einbezug der Familie und Freunde gewährleistet ist.
Für Menschen, die ohne maschinelle Atemunterstützung nicht auskommen, ist hier dank optimaler
Therapie und kompetenter Pflege eine neue Form des Lebens möglich. „Wir möchten den
Pflegebedürftigen ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, Wohlbefinden und damit Lebensqualität zukommen
lassen“ – das liegt der Pflegedienstleitung am Herzen.
Liebevolle Betreuung, Foto: Jennifer Braun
Patienten, die langfristig auf künstliche Beatmung angewiesen sind, bedürfen einer Betreuung
über 24 Stunden. Das kann im häuslichen Umfeld – selbst in Zusammenarbeit mit Fachkräften
– bei allem guten Willen nicht angemessen geleistet werden.
Mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zu sprechen, ist nicht einfach. Trachealbeatmung (über eine
in der Luftröhre liegende Kanüle) und Sauerstoffmangel durch ein stark reduziertes Lungenvolumen
lassen jedes Wort zu einer großen Belastung werden. Das Sprechen ist stark erschwert, nach wenigen
Worten braucht es eine lange Pause, um wieder zu Atem zu kommen. Manche Patienten können nur den
Mund bewegen. Die pflegenden Fachkräfte lesen von den Lippen und dolmetschen in der Unterhaltung.
Andere schreiben statt zu sprechen. Dass die Bewohner trotz dieser Erschwernisse zu einem Gespräch
bereit waren, dafür sei ihnen an dieser Stelle noch einmal gedankt.
Wichtig ist ihnen, deutlich zu machen, dass sie durch das Wohnen in der Einrichtung erfahren:
Auch ein Leben mit Atmungsunterstützung kann ein sehr lebenswertes Leben sein. Es sind nun ganz
andere Dinge, an denen sie sich erfreuen, und die sie glücklich machen. Stark entlastend empfinden
sie, dass den eigenen Angehörigen eine große Sorge abgenommen ist, denn sie können sicher sein,
dass zu jeder Zeit die optimale medizinische Betreuung gewährleistet ist. Voll des Lobes sprechen
sie über das Pflegepersonal und über die Tatsache, dass die Pflegeleitung, Stephanie Armbrecht und
Hubert Andert, für alle direkt ansprechbar ist.
Sie genießen den Blick über Köln und die Möglichkeit, das Zimmer selbst gestalten zu können. So
verschieden die Bewohner, so verschieden zeigen sich die Wohnräume. Lebensmittelpunkt ist der
zentral gelegene Wohn- und Essbereich, in dem gemeinsam mit dem Pflegepersonal der Tag geplant und
gestaltet wird. Neben individueller Einzelbetreuung stehen vielfältige Freizeit- und
Beschäftigungsangebote auf dem Programm. Sie reichen von Plätzchenbacken, über Basteln, gemeinsames
Spielen bis hin zu musikalischen Veranstaltungen. Soziale Teilhabe ist von großer Wichtigkeit, um
Depressionen vorzubeugen – davon sind die pflegenden Kräfte überzeugt.
Bei allen positiven Möglichkeiten ist für die Bewohner der Einrichtung doch die Erkenntnis
schwer zu ertragen, dass es Krankheiten und Gebrechen gibt, die nicht zu heilen sind. Schwer fällt
es auch zu akzeptieren, dass es nie mehr eine Rückkehr nach Hause in die eigene Wohnung geben wird,
in der man zum Teil über 30 Jahre gelebt hat. Ängste, die Atemunterstützung könne versagen und es
würde nicht bemerkt, treten immer wieder auf. Obwohl stets rechtzeitig Hilfe da war, bleibt die
Angst. Das Leiden am eigenen Leiden macht hin und wieder depressiv. Auch hier gibt es
psychologische Hilfestellung, die den seelischen Schmerz nur lindern, aber nicht aufheben
kann.
Es sei Gott dafür gedankt, dass es die Stiftung der Cellitinnen e.V. gibt, die sicherstellt,
dass Menschen nicht atemlos bleiben, und mit ihrem Los nicht allein gelassen werden.
Info
Eröffnet wurde die Beatmungspflege St. Severinus (17 Einzel- und 2 Doppelzimmer) im Juni
2011 – mit direkter Anbindung an das Krankenhaus der Augustinerinnen.
Hier werden in wohnlicher Umgebung Menschen betreut, die aus verschiedensten Gründen dauerhaft
auf eine Atemunterstützung angewiesen sind – mit dem Ziel, sie über einen längeren Zeitraum
oder vollständig von der Beatmung zu befreien. Die Dauer des Aufenthaltes nicht begrenzt. Durch die
unmittelbare Nähe zum Krankenhaus ist jederzeit eine medizinische Unterstützung
gewährleistet.