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Miteinander glauben und Kirche leben

Frank Reintgen zieht Bilanz seiner Zeit als Gemeindereferent in St. Severin 

Gemeindereferent in St. Severin – das war Frank Reintgen 17 Jahre lang. Als Vertreter des Seelsorgeteams war er auch Ideengeber und Akteur in der Pfarrbriefredaktion. Jetzt hat er sein Arbeitsfeld gewechselt und zum 1. März eine Stelle im Generalvikariat des Erzbistums Köln als „Referent für Gemeinde- und Pastoralentwicklung in der Region Düsseldorf/Neuss“ angetreten.

 

Eine ungewohnte Konstellation ist es, ihn für den Pfarrbrief zu interviewen und mit ihm über Verluste und Gewinne zu sprechen, die es für ihn bei diesem Stellen­wechsel gibt. Wir sitzen in seinem Büro, in dem wir oft mit der Pfarrbriefredaktion getagt haben, Kaffee hat er gekocht und leckere Krapfen besorgt. Für eine einladende Atmosphäre zu sorgen, gehört zu Frank Reintgens „Markenzeichen“.

 

Als Gemeindereferent 17 Jahre an einem Ort zu wirken – ist das nicht viel zu lang?

 

Hm, das kann ich aus verschiedenen Perspektiven anschauen, aus persönlicher, aus familiärer und vor allem aus Sicht der Gemeinde vor Ort, und jedes Mal antworte ich mit einem klaren Jein! In so vielen Jahren wachsen Kontakte mit Menschen, da bekommt Kirche ein Gesicht. Wenn Kinder oder Jugendliche bei der Erstkommunion oder bei einer Freizeit gute Erfahrungen gemacht haben, dann konnte ich oft Jahre später daran anknüpfen. Andererseits gibt es mit den Jahren natürlich auch ungute Routinen in einer Pfarrei. Da tut es gut, wenn mal wieder jemand anders mit im Suppentopf der Gemeinde rührt.

Veränderungen, auch personelle, hältst Du also für notwendig in einer lebendigen Gemeinde. Hat es die denn in Deiner Zeit nicht gegeben?

Oh ja, die gab es reichlich im Team der Seelsorger: Allein Pastor Johannes Quirl und ich waren die personellen Konstanten. Nach so vielen Jahren kann eine neue Person neue Themen entdecken, Routinen überprüfen. Natürlich schmerzt der Abschied, aber ich will auch bewusst gehen zu einem Zeitpunkt, an dem ich noch vermisst werde.

Dass Du vermisst wirst und die Menschen dein Weggehen sehr bedauern, das war bei der Verabschiedung Ende Februar überdeutlich zu spüren. Was waren denn aus Deiner Sicht „Highlights“ deiner Zeit in St. Severin?

 

Ein Highlight war für mich immer, wenn es gelungen ist, etwas mit anderen gemeinsam auf die Beine zu stellen, Menschen für eine Idee zu begeistern, z.B. ein Gemeinde-Bibeltag, das Musical „Prima Klima“ oder manche Momente am Ende eines Kommunionkurses. Da konnte ich spüren, dass etwas angekommen ist von der frohen Botschaft unseres Glaubens. Solche Momente rühren mich sehr an. Oder wenn Menschen nach Gottesdiensten sagen: „Das hat mir gut getan.“ Und – so seltsam das klingen mag – ein solches Highlight war auch die Beerdigung von Hendrik, einem ehemaligen Gruppenleiter in St. Severin. An der Anteil­nahme, die alte und aktuelle Mitglieder der Leiterrunde nahmen, ist für mich sehr spürbar geworden, wie nachhaltig Jugendarbeit ist, welch starke Rolle der Glaube und auch die Gemeinschaft im Glauben auch heute noch bei Jugendlichen spielen. Da habe ich meine Arbeit als zutiefst sinnvoll erlebt.

  

 

Mit dem Blick auf das Gemeindeleben rund um den Chlodwigplatz: Was hast Du bewegt, womit bist Du zufrieden?

 

Es ist im Wesentlichen gelungen, die strukturellen Veränderungen (Zusammenlegung der Pfarreien, abnehmende Zahl von Seelsorgern) so mit zu gestalten, dass die meisten Men­schen heute damit versöhnt sind. Außerdem bin ich dankbar, dass ich mich mit meinen Ideen und Gaben entfalten konnte – viel Kür und wenig Pflicht. Das Meiste, das ich getan habe, habe ich wirklich gern getan.

Der pastorale Schwerpunkt „Kinder, Mütter, Väter“ ist gut etabliert – ein richtiges Marken­zeichen für St. Severin – sogar über das Viertel hinaus. Ich freue mich, dass die Gemeinde ein hohes Ansehen im Stadtteil genießt. Hier gibt es ein qualitätsvolles ehrenamtliches Engagement, da strahlen wir etwas aus.

Zufrieden bin ich auch mit der Entwicklung der Öffentlichkeitsarbeit in ihren Facetten. Auch da ist St. Severin schon früh neue Wege gegangen. Viel von dem, was mir in diesem Bereich wichtig war, wurde von vielen unterstützt und hat Resonanz gefunden, z.B. die Bedeutung eines Corporate Designs (Einheitliches Erscheinungsbild).

  

 

Gibt es auch Schmerzliches?

 

Was schmerzt, sind Begegnungen, die nicht gelungen sind, Menschen – ehrenamtlich Engagierte –, die ich nicht erreicht habe, Konflikte, die ungelöst blieben, Klärungen, die nicht möglich waren.

Was hättest Du gern noch angestoßen oder entwickelt?

 

Es gibt hier viele Menschen, die bereit sind, Verantwortung auch für die Gemeinde zu übernehmen. Diesen Schatz zu pflegen und das an Bevollmächtigung und Unterstützung zu geben, was gebraucht wird, das wird eine zukünftige Aufgabe sein. Die Strukturfragen sind gut gelöst, aber es stehen weitere Entwicklungsschritte für die Pfarrei an: Wie können all die Menschen in der Gemeinde sich vernetzen, sich unterstützen und so Kirche sein, dass sie etwas von der Attraktivität der Guten Nachricht ausstrahlen? Viele Menschen hier im Viertel haben – salopp gesagt – mit Kirche wenig am Hut. Da braucht es neue und ungewöhnliche Wege, um auf sie zuzugehen, und Mut zum Ausprobieren. Mit einem flash mob an einem verkaufsoffenen Sonntag in der Adventszeit in der Severinstraße für Irritation und Nachdenken zu sorgen, das hätte was!

  

 

Was wird dir fehlen, was lässt Du traurig zurück?

 

Mit Kindern unterwegs zu sein, Wochenendfahrten zu machen, mit Menschen in der Gemeinde zusammen zu sein – diese Bodennähe wird mir fehlen, und natürlich auch ein Stück Heimat, die Straßen, die Orte und vor allem die Begegnung mit vertrauten Menschen. Fehlen wird mir sicher auch der Arbeitsstil hier – Gemeindeleben und Arbeitsraum zugleich.

  

 

Worauf freust Du dich?

 

Auf ein neues Arbeitsfeld und darauf, auf anderer Ebene gute Rahmenbedingungen mit zu entwickeln, so dass Menschen auch weiterhin mit der befreienden Botschaft unseres Glaubens in Berührung kommen können. Es wird eine große Herausforderung und auch eine besondere Verantwortung für mich sein, die Beziehung zur Basis, die Bodenhaftung beizubehalten – einerseits etwas zu bewirken, das gut ist für die Menschen vor Ort, und gleichzeitig die Notwendigkeiten eines Bistums zu wahren. Und ich freue mich auch auf hoffentlich etwas geregeltere Arbeits­zeiten, auf eine klarere Unterscheidung von Freizeit und Dienst.

  

 

Was wirst Du denn konkret machen an deiner neuen Stelle im Generalvikariat als „Referent für Gemeinde- und Pastoralentwicklung“?

 

Ich werde mithelfen, bistumsweite Unter­stützungssysteme für die Vorbereitung und Gestaltung von Taufe, Erstkommunion und Firmung auszubauen und weiterzuentwickeln. Ich werde Projekte und Experimente begleiten, bei denen Kirche schaut, was passiert, wenn in der Pastoral neue Wege gegangen werden. Der Ausbau von Qualifizierungsmaßnahmen für Ehrenamtliche wird mit zu meinen Aufgaben gehören. Und ich werde in Verwaltungsaufgaben des Bistums eingebunden sein. Dabei möchte ich ein Ohr dafür haben, wenn Gemeinden Entwicklungs- und Veränderungsbedarf anmelden.

  

 

Gibt es einen Wunsch an/für St. Severin?

 

Dass es weiterhin gelingt, Unterschiede gut nebeneinander oder in einem fruchtbaren Spannungsverhältnis zu halten: Jung und Alt, Traditionen und Innovationen, Menschen verschiedener sozialer Schichten und Nationen. Dass diese ungeheure Vielfalt an Talenten und an Engagements bleibt – in einem Klima von Freude und Akzeptanz.

  

 

Das Gespräch mit Frank Reintgen führte Ingrid Rasch.

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