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Nicht nur Eltern kennen die unbändige Freude, die Kinder befällt, wenn sie ein Geschenk für
einen geliebten Menschen haben: Sie reden tagelang davon, sie sehen erwartungsfroh der Freude des
zu Beschenkenden entgegen.
Wie anders ergeht es uns oft mit dem Schenken-Müssen, wenn wir in der Vorweihnachtszeit ideenlos
bleiben und auch –oder gerade – von dem Überangebot an Waren in den überfüllten Läden der
Innenstadt nicht inspiriert werden. Dann greifen wir gern zu den „Klassikern“. Wenn ich zum
Beispiel für meine Mutter ein sündhaft teures Parfum kaufe, das sie sich selbst nie leisten würde
(und ich mir auch nicht), dann macht mir dieser Einkauf dennoch große Freude. Einmal wurde diese
Freude allerdings sehr getrübt, weil einer meiner Brüder die gleiche Idee gehabt hatte. Und unserer
Mutter war die Enttäuschung deutlich anzusehen. Besonders schön sind Geschenke, die deutlich
machen, was mich mit dem Beschenkten verbindet.
Wenn ich für einen Kollegen zum Abschied ein Album mit Fotos von gemeinsamen Dienstreisen
zusammenstelle oder für eine Freundin von einem gemeinsamen Urlaub, dann bin ich sicher, den beiden
eine große Freude zu bereiten. Beim Einkleben und Kommentieren der Fotos durchlebe ich die
gemeinsam verbrachte Zeit noch einmal sehr intensiv und bin damit selbst beschenkt. Ein anderes
Geschenk, mit dem ich mich gleichzeitig selbst beschenke, sind Tickets für Veranstaltungen, die ich
dann gemeinsam mit den beschenkten Freunden und Verwandten besuche.
Als mein Vater siebzig Jahre alt wurde, konnten wir uns lange Zeit auf kein Geschenk
einigen. Schließlich kam einer von uns Kindern auf die Idee, ihm Zeit zu schenken. Seitdem
verbringen wir jedes Jahr in den Herbstferien eine Woche miteinander, inzwischen mit vierzehn
Personen aus vier Generationen. Alle Interessen unter einen Hut zu bringen, fällt dabei nicht immer
leicht. Der „Wellness-Faktor“ dieser gemeinsam verbrachten Woche ist nicht hoch. Aber irgendwie
fühlen wir uns alle danach reich beschenkt und sind auch ein bisschen stolz auf uns. In diesem Jahr
wurde unser Vater achtzig Jahre alt. Wir waren im Elsass.
Claudia P.