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Zeichen setzen

Wie Menschen mit frustrierenden Erfahrungen in ihrer Gemeinde umgehen, haben wir uns in der Pfarrbriefredaktion gefragt. Alfons P. S. und Joachim O. sprachen mit Claudia P. von der Pfarrbriefredaktion darüber, warum sie völlig unterschiedliche Wege gegangen sind, nachdem sie in ihrer Heimatgemeinde keine Heimat mehr hatten. Die mehr als 20 Jahre zurückliegenden Erfahrungen waren bei beiden noch sehr lebendig. Das ausgiebige Gespräch kann hier nur ausschnitthaft wiedergegeben werden.

Alfons S. und Joachim O. (damals 40 und 24 Jahre alt) waren aktive Mitglieder der Pfarrgemeinde St. Pantaleon, auch Mitglieder des Pfarrgemeinderates und engagiert in der Jugendarbeit, als 1987 ein neuer Pfarrer, der dem Opus Dei angehörte, seinen Dienst in der Gemeinde antrat. Sehr bald wurde deutlich, dass die Vorstellungen der engagierten Laien und der Gemeindeleitung in vielen seelsorglichen Fragen – Erstkommunionvorbereitung, Gottesdienstgestaltung, Jugendarbeit ... – weit auseinander gingen. Viele Gespräche, auch die miteinander ausgetragenen Konflikte und ausgehandelten Kompromisse brachten ebenso wenig eine Annäherung der Standpunkte und Sichtweisen wie ein längerer Gemeindeberatungsprozess. Um 1990 gestanden sich nicht nur Alfons Schwickert und Joachim Oepen ein, dass sie sich nicht mehr wohl fühlten in ihrer Heimatgemeinde; die Ergebnisse ihres ehrenamtlichen Engagements standen immer weiter hinter den Frustrationserfahrungen zurück. Schließlich traten die beiden jungen Leute gemeinsam mit anderen aus dem Pfarrgemeinderat aus. Mit ihnen fand eine größere Zahl von Jugendlichen 1991 eine neue Heimat in St. Severin, wo damals Pfarrer Auel die Gemeinde leitete.

Zeitnah zu seinem Austritt aus dem Pfarrgemeinderat entschloss sich Alfons S. zu einem noch drastischeren Schritt: Er trat aus der Kirche aus. Dies begründete er damals auch in einem Interview, das der WDR mit ihm über die Situation in St. Pantaleon führte. Er glaubte, "man müsse denen nur das Geld entziehen". Er erinnert sich noch, dass er damals zu seinen "Mitstreitern" sagte: "Wir müssten alle gleichzeitig aus der Kirche austreten, dann könnten wir alle noch einmal so sein, wie Jesus das gewollt hat." Zu sich selbst sagte er: "Du trittst jetzt aus, wenn die Gemeindeleitung wechselt, trittst du wieder ein". Den Argumenten seines Freundes Joachim O. (z.B. "Wenn du drin bleibst, kannst du viel mehr bewirken.") war er damals nicht zugänglich. Er wollte dieses Zeichen setzen und hat es bis heute nicht bereut: "Ich bin ja immer noch katholisch und lebe meinen Glauben, auch wenn ich kein zahlendes Mitglied mehr bin. Ich fühle mich seitdem frei."
Joachim O. konnte die Entscheidung seines Freundes zwar rational nachvollziehen, hat aber selber "keine Minute überlegt", aus der Kirche auszutreten. Er stellte nach der Eskalation der Konflikte in seiner damaligen Gemeinde fest, "dass man nun viel freier war zu entscheiden, wie und wo man seinen Glauben leben und sich in der Kirche engagieren wollte, da auch heute noch eine Stadt wie Köln ein breites katholisches Spektrum bietet." Für ihn ist die Kirche auch "etwas Größeres" als die einzelne Gemeinde. Er schätzt die vielfältigen Kontakte, die sich aus seinem ehrenamtlichen Engagement ergeben, das "in-Beziehung-Stehen in einer Glaubensgemeinschaft" ist für ihn entscheidend.

Alfons S. und Joachim O. sind sich bewusst, dass die Erfahrungen, die sie damals machten, leider nicht einzigartig sind: Zu unterschiedlichen Zeiten und Orten, wegen verschiedener Umstände erfahren in der Kirche engagierte Menschen Frustrationen und Enttäuschungen, die zum Verlust einer kirchlichen Beheimatung führen können. Dazu ließen sich u.a. angesichts der vielerorts schmerzlichen Fusionsprozesse auf Pfarrebene gewiss viele aktuelle Beispiele finden. So unterschiedlich diese Erfahrungen im Einzelnen auch sein mögen, immer steht hinterher die Frage im Raum: Wie gehen die betroffenen Menschen damit um? Die Reaktionen von Alfons Schwickert und Joachim Oepen, die sich bis zum Rückzug aus ihrer Heimatgemeinde weitgehend einig waren, konnten unterschiedlicher nicht ausfallen – und sind damit auch 20 Jahre später für das Thema dieses Pfarrbriefes von Interesse.

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