Eine Psychotherapeutin und Supervisorin (54) ist vor vielen Jahren aus der Kirche
ausgetreten.
Entscheidend dafür war das Wissen um die Konsequenz ihrer Scheidung – Exkommunikation; das
unbedingte Festhalten der Kirche an der Unauflöslichkeit der Ehe auch z. B. bei schlimmsten
Gewalttätigkeiten eines Partners. Schmerzlich war es für sie, allein zu sein mit den
Gewissenskonflikten. Lange Zeit habe sie gebraucht, um das für sich selbst zu bearbeiten. Als
geradezu „verrückt“ erlebte sie das Angebot, ihre Ehe annullieren zu lassen, um dann
neuerlich kirchlich heiraten zu können. Das Verfahren der Annulierung wurde ihr als einfacher Akt
dargestellt und mit der Aussicht verbunden, wieder bei der katholischen Kirche arbeiten zu können.
Bis heute findet sie es „unsäglich“, dass eine Kollegin ausschließlich deshalb zur
katholischen Kirche übertrat, um einen „katholischen Arbeitsplatz“ zu
bekommen.
Zu den persönlichen Erfahrungen kamen und kommen die aus der therapeutischen und
supervisorischen Praxis: Etwa ein Priester, der Kinder hatte und heiraten wollte, der mit allen
– und vor allem äußerst fragwürdigen – Mitteln daran gehindert werden sollte. Oder ein
kirchlich angestellter Sozialarbeiter, der ohne Heirat mit Frau und Kindern leben wollte, und zur
Heirat genötigt wurde, um seinen Arbeitsplatz behalten zu können.
Nicht zuletzt wurden ihr durch die Arbeit Missbrauchsopfer bekannt, die „im Schutz der
Kirche“ ihre schrecklichen Erfahrungen machen mussten. „Insgesamt war ich und bin ich
bis heute von der Starrheit, Sturheit und großen Selbstgerechtigkeit vieler Kirchenmänner und damit
natürlich der Institution so entsetzt, dass ich das auch nicht indirekt unterstützen
möchte.“