Eine pensionierte Lehrerin (77)
spricht davon, dass sie daran denkt, aus der katholischen Kirche auszutreten. Sie ist bereit mit
der Pfarrbriefredaktion darüber zu sprechen, möchte aber anonym bleiben, weil ihr Sohn in einer
kirchlichen Einrichtung tätig ist und sie in Sorge ist, ihm schaden zu können.
Vieles findet sie an der Institution Kirche kritikwürdig: starre Formen, z.B. was die Sexualität
angeht, insbesondere die Haltung zur Homosexualität oder zu vorehelichen Beziehungen. Auch die
Zölibatsverpflichtung für Priester ist für sie unverständlich und theologisch fragwürdig. Die damit
oft entstehende Heuchelei empört sie. Problematisch empfindet sie auch das Denkverbot zum Diakonat
oder zum Priestertum der Frau. „Die Kirche muss sich nicht unkritisch jedem Zeitgeist
anpassen, aber sie muss doch wahrnehmen, in welchen gesellschaftlichen Bedingungen wir heute leben,
was die Menschen brauchen, um glauben zu können. Wenn es so weitergeht, werden immer mehr Leute
weglaufen!“
Eigentlich will sie nicht zu einer solchen Institution gehören. Aber sie schreckt doch vor dem
endgültigen Schritt des Austritts zurück. „Meine Kinder und Enkelkinder gehören der Kirche an
und, es gibt ja auch viele Menschen in der Kirche, die ich schätze, es gibt Rituale, Traditionen,
die mir etwas bedeuten, ich schätze die caritative Seite der Kirche – ich werde noch einmal
nachdenken...“