... als hätte ich eine Kaffeeehaube auf dem Kopf
Wenn man heiratet, wünscht man sich, mit dem Partner gemeinsam alt zu werden. Manchmal werden diese Pläne durchkreuzt. Barbara Kruse von der Pfarrbriefredaktion sprach mit Rosemarie Amberge (74 Jahre), 1990 und 1994 verwitwet, und Christl Simons (70 Jahre), deren Ehemann 1999 verstarb, über den Umgang mit dem Verlust des Ehepartners.
Wie haben Sie den Tod Ihrer Ehemänner erlebt?
Rosemarie Amberge: Mein erster Mann ist ganz plötzlich verstorben. Zwei meiner Töchter wohnten noch zu Hause, waren aber schon erwachsen. Damals brach eine Welt für mich zusammen. Und dann habe ich mich doch noch einmal verliebt. Mit meinem zweiten Mann, der auch verwitwet war, hatte ich noch eine wunderschöne Zeit, wir sind sogar gemeinsam zu den Gräbern gegangen. Er ist dann bald schwer erkrankt. Wenigstens konnte ich in Ruhe Abschied nehmen.
Christl Simons: Dass Sie das zweimal durchgemacht haben! Das könnte ich nicht, deshalb möchte ich keinen Partner mehr haben. Mein Mann und ich, wir hatten ein erfülltes Leben. Und als er dann erkrankte, konnte ich mich auch verabschieden. Selbst in dieser Zeit gab es noch schöne Momente.
Wie war die erste Zeit danach für Sie?
Christl Simons: Ich hatte das Gefühl, als ob ich eine Kaffeehaube auf dem Kopf hätte. Ich habe zwar funktioniert, aber meine Umwelt, alles, habe ich nur gedämpft wahrgenommen.
Rosemarie Amberge: Alles war so unwirklich, als hätte ich den Verstand verloren. Abends im Bett schrieb ich meinem Mann Briefe. Das erste Jahr war furchtbar, einmal alle Feste des Jahres ohne ihn erleben; Karneval war besonders schwer.
Was hat Ihnen damals geholfen?
Rosemarie Amberge: Ich trug damals kein Schwarz, denn ich wollte nicht anders behandelt werden, die Leute nicht verunsichern, wie sie mit mir umgehen sollen.
Christl Simons: Ja, ich habe auch kein Schwarz getragen. Die Menschen, die ganz normal reagierten, haben mir am meisten geholfen. Kein Mitleid, kein „ach, der Arme, der ist jetzt tot“, kein „Das schaffst Du schon“, diese Sprüche fand ich furchtbar.
Rosemarie Amberge: Schwierig fand ich es in den Kreisen, in denen nur Paare waren. Da fühlte ich mich schon mal wie das fünfte Rad am Wagen...
Und wie ist es heute?
Christl Simons: Zuerst habe ich gedacht, ich könnte niemals mehr lachen. Irgendwann ist es dann doch passiert: Ich lachte von Herzen und war darüber fast erschrocken. Da merkte ich, dass diese Kaffeehaube vom Kopf verschwunden war.
Rosemarie Amberge: Ich genieße das Leben; für jeden Tag bin ich dankbar.
Christl Simons: Ja, das Leben hat schöne Seiten, auch wenn ich das damals niemandem geglaubt hätte...