ERZBISTUM KÖLN

"Wurzelsakrament" Kirche: Zeichen und Werkzeug des Heiles

Das zweite Vatikanische Konzil bezeichnet die Kirche als „gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“, und als „allumfassendes Heilssakrament“ (Kirchenkonstitution n. 1. 48; vgl. 59).

 

 

Die sieben Sakramente sind bekannt: Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Weihe und Ehe. Inwiefern aber ist auch die Kirche „Sakrament“?

 

Unter den Sakramenten verstehen Katholiken sichtbare Zeichen, die von Christus – direkt oder indirekt – dazu eingesetzt worden sind, das unsichtbare Heil zu bewirken, das sie bezeichnen. Dieser Weg der Heilsvermittlung entspricht der menschlichen Natur: Auch wir Menschen bestehen ja aus einem sichtbaren und einem unsichtbaren Element, aus Leib und Seele. So sind wir empfänglich für Gottes unsichtbare Gnade, aber uns hilft eine sichtbare Vermittlung. Das kennen wir schon aus dem Alltag: Auch die unsichtbare Liebe zwischen Menschen nimmt sichtbare Ausdrucksformen an, wie zum Beispiel eine Umarmung, einen Kuss oder einen Ring.

 

Schon in der Schöpfung und der Heilsgeschichte mit seinem Volk Israel bedient Gott sich immer wieder sichtbarer Zeichen, angefangen mit dem Regenbogen, der Gottes Bund mit der ganzen Welt versinnbildlicht (Genesis 9,12-17). Das einzigartige Zeichen aber, in dem Gott der Welt seine Liebe ein für allemal schenkt, ist nicht etwas, sondern jemand: Jesus Christus, der Gottessohn, der für uns Menschen und zu unserem Heil selber Mensch wird. Er „verkörpert“ Gottes unsichtbare Liebe und vermittelt sie uns so auf sichtbare und fühlbare Weise. In diesem Sinne ist er Gottes „Ursakrament“.

 

Mit dem Kreuzestod und der Auferstehung Jesu weitet sich diese greifbare Vermittlung des unsichtbaren Heils auf die ganze Welt aus. Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt unter Rückgriff auf Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Die Kirche ging jedoch vor allem aus der Ganzhingabe Christi für unser Heil hervor, die in der Einsetzung der Eucharistie vorweggenommen und am Kreuz in die Tat umgesetzt wurde. ‚Der Anfang und das Wachstum [der Kirche] werden zeichenhaft angedeutet durch Blut und Wasser, die aus der geöffneten Seite des gekreuzigten Christus heraustreten’ (Kirchenkonstitution 3). ‚Denn aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus ist das wunderbare Sakrament der ganzen Kirche hervorgegangen’ (Liturgiekonstitution 5)“ (n. 766). Christi Erlösungswerk nimmt Gestalt an in der Kirche, die wir in der Tradition des heiligen Paulus als „Leib Christi“ bezeichnen.

 

Wie der Mensch aus Leib und Seele besteht, so setzt sich die Kirche also aus strukturellem und geistlichem Element zusammen. Die Kirchenkonstitution kleidet diesen Zusammenhang in die folgenden Worte: „Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Größen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst. Deshalb ist sie in einer nicht unbedeutenden Analogie dem Mysterium des fleischgewordenen Wortes [= Christi] ähnlich. Wie nämlich die angenommene Natur dem göttlichen Wort als lebendiges, ihm unlöslich geeintes Heilsorgan dient, so dient auf eine ganz ähnliche Weise das gesellschaftliche Gefüge der Kirche dem Geist Christi, der es belebt, zum Wachstum seines Leibes (vgl. Epheserbrief 4,16)“ (n. 8).

 

Das evangelische Kirchenverständnis ist mit dem katholischen nicht identisch, hat aber viele Gemeinsamkeiten. „Es weiß gottlob ein Kind von sieben Jahren, was die Kirche sei, nämlich die heiligen Gläubigen und die Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören“, schrieb Martin Luther knapp in den „Schmalkaldischen Artikeln“ (XII). Nach lutherischem Verständnis ist die Kirche die „Versammlung aller Gläubigen …, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden“ (Augsburger Bekenntnis, n. 7). Dass die Kirche sakramentalen Charakter habe, wird von der Mehrheit evangelischer Theologen abgelehnt, weil nur Jesus Christus Gottes Heil vermittle. Die katholische Theologie betont demgegenüber wie die orthodoxe Theologie stärker den Zusammenhang zwischen Christus und der Kirche. „Einer ist Gott, einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus“ (1. Timotheusbrief 2,5) – dieses Wort ist der Kirche anvertraut, und deshalb wird sie auch von ihm geprägt.

 

(Hrsg.: Ökumenische Bibelkommission Köln)

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