Kreuzigungsgruppe im Chorraum

Bei der Gründung im Jahr 1906 befanden sich im Chorraum hinter dem damaligen Hochaltar genau jene drei gotischen Fensteröffnungen, die auch heute wieder den Altarraum der Kirche prägen. Zwischenzeitlich gefiel den Gemeindemitgliedern - aus Gründen, die heute nicht mehr bekannt sind - diese architektonische Lösung aber nicht mehr. So wurden noch vor Beginn des 2. Weltkrieges die drei Fensteröffnungen zugemauert. Da die jetzige Tauf- und Sakramentskapelle damals geschlossene Räume waren, mussten für die Aufhellung des Chorraumes neue Fensteröffnungen gebrochen werden. Dicht unter der Decke wurde in der nördlichen und südlichen Chorwand je ein kreisrundes Fenster eingesetzt. Obwohl diese Fenster wegen der Seitenschiffe sehr unglücklich angebracht waren und in keiner Weise zum Stil der Kirche passten, blieb diese Lösung einige Jahrzehnte erhalten.

Die Kreuzigungsgruppe

 

Ehemals hingen diese Figuren als zentrale Darstellung im Chorraum der Pfarrkirche (s. Kasten links). Heute lädt die Kreuzigungsgruppe Besucher unserer Kirche am nördlichen Ende des linken Seitenschiffs zum stillen Betrachten und zum Gebet ein.


Betrachten wir unsere Kreuzigungsgruppe einmal genauer:

Während sich die Kreuzigung auf den Chorfenstern in Gegenwart einer größeren Gruppe von Personen gleichsam im Angesicht von ganz Jerusalem vollzieht, beschränkt sich die Künstlerin bei unserer Keramikgruppe auf die wesentlichen Personen. Sicherlich hätte sie auch beim Werkstoff Keramik weitere Gestalten hinzufügen können. Da sie, wie mir mitgeteilt wurde, ohne Vorlage arbeitete, wäre auch eine völlig andere Behandlung dieses Themas mögliche gewesen. Von ihr stammt ja auch das Marienrelief, das gerade durch die Fülle der Details zum Betrachter spricht. Hier bei der Kreuzigungsgruppe verzichtet sie auf jede deutende oder gar schmückende Zugabe. Selbst des Kreuz fehlt.

Die Gemeindemitglieder, die schon länger in unserer Pfarrgemeinde wohnen, erinnern sich sicherlich daran, dass bei dieser Kreuzigungsgruppe auch im Chorraum sogar auf die Andeutung eines Kreuzes verzichtet wurde. Es fehlte damals nicht an Vorschlägen, wenigstens ein Kreuz auf die Rückwand hinter der Gestalt des Gekreuzigten zu malen oder die Gruppe durch eine farbliche Gestaltung auf der Wand etwas geschlossener erscheinen zu lassen. Da man sich zu diesen Lösungen nicht entschließen konnte, hob sich die Gruppe über zwei Jahrzehnte bis zur Wiedereröffnung der Chorfenster in einer gewissen Herbheit von der weißen Wand des Chorraumes ab.

Christus

 

Da selbst die Balken des Kreuzes fehlen, hängt der Gekreuzigte im Nichts, von fast allen verlassen, ausgespannt zwischen Himmel und Erde. Nach dem Willen des Vaters opfert der Sohn Gottes sich auf bis zur Hingabe des Lebens für das Heil der Welt.

Die trauernde Mutter

Die trauernde Mutter - die Hände gefaltet - wird vom Apostel Johannes, der mit ihr unter des Kreuz ausgehalten hat, tröstend umfangen. Beide schauen - vom Leiden gezeichnet - nicht zum Gekreuzigten auf. Möchten wir nicht auch manchmal wegschauen, wenn wir einen geliebten Menschen leiden sehen; wegschauen, weil wir sein Leiden nicht ertragen können?

Möge die Kniebank vor der Kreuzigungsgruppe, die jetzt hier wieder einen würdigen Platz in unserer Kirche gefunden hat, viele zu persönlichem Gebet einladen. 

 

aus der Serie: " Lernen Sie Ihre Pfarrkirche kennen" von Pater Willi Mertens (Pfarrbrief Ostern 1991)

Die Kirche

Auf der anderen Seite des Gekreuzigten streckt eine weibliche Person die geöffneten Hände dem Herrn entgegen. Sie stellt gleichsam die Kirche dar, die die Gnade der Erlösung vom sich opfernden Herrn empfängt. Wer bittet, dem wird gegeben. Wer sich der Heilsgnade öffnet, dem wird sie zuteil. Das gilt für die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, wie für den einzelnen Christen. Wie bestätigend schaut der leidende Christus auf die empfangsbereiten Hände: Hände der Kirche, unsere Hände.