Gesänge zur Feier des Heiligen Opfers der Messe, D 872 (Deutsche Messe F-Dur)
Schubert schrieb die Deutsche Messe (Originaltitel: »Gesänge zur Feier des heiligen Opfers der Messe« D 872) 1826 im Auftrag von Johann Philipp Neumann, der auch die Texte verfasste. Von Schubert selbst gibt es zwei Fassungen, eine für vierstimmigen gemischten Chor mit Orgel sowie eine weitere, die zusätzlich je zwei Oboen, Klarinetten, Fagotte, Hörner und Trompeten sowie drei Posaunen, Pauken und einen Kontrabass vorsieht.
Sowohl die - zur damaligen Zeit untypische - Verwendung der Landessprache, durch die die Deutsche Messe ihren Namen erhielt, als auch die sehr freie, assoziative und romantisierende Übertragung und Interpretation des liturgischen Textes führte zur anfänglichen Ablehnung des Opus durch das Wiener Erzbischöfliche Konsistorium. Insbesondere durch die Verbreitung der deutschen Bet- und Singmesse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlangte sie jedoch bald ungewöhnliche Popularität und Wertschätzung.
Der Text stellt keine Übersetzung der tradierten lateinischen Vorlagen dar, sondern beruht vielmehr auf der Sammlung Geistliche Lieder für das heilige Messopfer des Auftraggebers Johann Philipp Neumann aus dem Jahre 1826 und erinnert an das protestantische Kirchenlied. Während die lateinischen Texte des katholischen Ritus großteils den Lobpreis Gottes in den Mittelpunkt stellt, rücken die Texte der Deutsche Messe eher den Menschen mit seinen irdischen Sorgen und Nöten ins Blickfeld und sollen auch als Messandachten dienen. Der katholischen Liturgie vor den Reformen des II. Vatikanischen Konzils folgend, besteht die Messe aus folgenden Teilen:
Aufbau und vollständiger Text
1. Zum Eingang: Wohin soll ich mich wenden
1. Wohin soll ich mich wenden,
wenn Gram und Schmerz mich drücken? Wem künd' ich mein Entzücken, wenn freudig pocht mein Herz? Zu dir, zu dir, o Vater, komm ich in Freud' und Leiden, du sendest ja die Freuden, du heilest jeden Schmerz.
2. Ach, wenn ich dich nicht hätte,
was wär' mir Erd' und Himmel? Ein Bannort jede Stätte ich selbst in Zufalls Hand. Du bist's, der meinen Wegen ein sich'res Ziel verleihet, und Erd' und Himmel weihet zu süßem Heimatland.
3. Doch darf ich dir mich nahen,
Mit mancher Schuld beladen? Wer auf der Erde Pfaden Ist deinem Auge rein? Mit kindlichem Vertrauen Eil' ich in Vaters Arme, Fleh' reuerfüllt: Erbarme, Erbarm', o Herr, dich mein!
4. Süß ist dein Wort erschollen:
Zu mir, ihr Kummervollen! Zu mir! Ich will euch laben, Euch nehmen Angst und Not. Heil mir! Ich bin erquicket! Heil mir! Ich darf entzücket Mit Dank und Preis und Jubel Mich freu'n in meinem Gott.
2. Zum Gloria: Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe!
1. Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe!
Singet der Himmlischen selige Schar. Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe! Stammeln auch wir, die die Erde gebar. Staunen nur kann ich und staunend mich freu'n; Vater der Welten! doch stimm' ich mit ein: Ehre sei Gott in der Höhe!
2. Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe!
Kündet der Sterne strahlendes Heer. Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe! Säuseln die Lüfte, brauset das Meer. Feiernde Wesen unendlicher Chor jubelt im ewigen Danklied empor: Ehre sei Gott in der Höhe!
1. Noch lag die Schöpfung formlos da, nach heiligem Bericht;
da sprach der Herr: Es werde Licht! Er sprach's und es ward Licht. Und Leben regt, und reget sich, und Ordnung tritt hervor. Und überall, allüberall tönt Preis und Dank empor.
2. Der Mensch auch lag in Geistesnacht, erstarrt von dunklem Wahn;
der Heiland kam, und es ward Licht! Und heller Tag bricht an. Und seiner Lehre heil'ger Strahl weckt Leben nah und Fern; und alle Herzen pochen Dank, und preisen Gott den Herrn.
3. Doch warnend spricht der heil'ge Mund: Nicht frommt der Glaub allein,
nur die Erfüllung eurer Pflicht kann Leben ihm verleih'n. Drum gib ein gläubiges Gemüt! Und gib uns auch, o Gott, ein liebend Herz, das fromm und treu stets folget dem Gebot!
4. Verleih' uns Kraft und Mut, dass wir nicht nur die Wege seh'n,
die der Erlöser ging, dass wir auch streben nachzugeh'n. Lass so dein Evangelium uns Himmels Botschaft sein, und führ' uns, Herr; durch dein Huld in's reich der Wonnen ein.
4. Zum Offertorium: Du gabst, o Herr, mir Sein und Leben
1. Du gabst, o Herr, mir Sein und Leben,
und deiner Lehre himmlisch Licht. Was kann dafür, ich Staub, dir geben? Nur danken kann ich, mehr doch nicht.
2. Wohl mir! Du willst für deine Liebe
ja nichts, als wieder Lieb' allein; und Liebe, dankerfüllte Liebe soll meines Lebens Wonn sein.
3. Mich selbst, o Herr, mein Tun und Denken
und Leid und Freude opfr' ich dir; Herr, nimm durch deines Sohnes Opfer dies Herzensopfer auch von mir.
5. Zum Sanctus: Heilig, ... ist der Herr!
1. Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr!
Heilig, heilig, heilig, heilig ist nur er! Er, der nie begonnen, er, der immer war, ewig ist und waltet, sein wird immer dar.
2. Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr!
Heilig, heilig, heilig, heilig ist nur er! Allmacht, Wunder, Liebe, alles rings umher! Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr!
1. Betrachtend deine Huld und Güte, o mein Erlöser, gegen mich,
seh ich, beim letzten Abendmahle im Kreise deiner Teuren dich. Du brichst das Brot, du reichst den Becher. Du sprichst: Dies ist mein Leib, mein Blut, nehm hin und denket meiner Liebe, wenn opfernd ihr ein Gleiches tut.
2. Wir opfern hier, nach deinem Worte, auf deinem heiligen Altar;
und du, mein Heiland, bist zugegen, des Geistes Aug' wird dich gewahr. Herr, der du Schmerz und Tod getragen, um uns das Leben zu verleih'n, lass dieses Himmelsbrot uns Labung im Leben und im Tode sein!
7. Zum Agnus Dei: Mein Heiland, Herr und Meister
1. Mein Heiland, Herr und Meister! Dein Mund so segenreich,
sprach einst das Wort des Heiles: »Der Friede sei mit Euch!« O Lamm, das opfernd tilgte der Menschheit schwere Schuld, send' uns auch deinen Frieden durch deine Gnad' und Huld.
2. In dieses Friedens Palmen erstirb der Erdenschmerz,
sie wehen Heil und Labung in's sturm bewegte Herz; und auch die Erdenfreude, durch ihn geheiligt, blüht entzückender und reiner dem seligen Gemüt.
3. Herr, unsre Lieben alle, die nun bereits von hier
in's Land des Friedens gingen, nimm sie, nimm sie zu dir! Lass einst sie dort uns finden! O seliger Verein, wenn wir des Himmelsfriedens zusammen uns erfreu'n!
4. Mein Heiland, Herr und Meister, o sprich erbarmungsreich
zu uns das Wort des Heiles: »Der Friede sei mit Euch!« Send' uns den Himmelsfrieden, den nie die Erde gibt, der nur dem Herzen winket, das rein und treu dich liebt!
8. Schlussgesang: Herr, du hast mein Flehn vernommen
Herr, du hast mein Fleh'n vernommen, selig pocht's in meiner Brust, in die Welt hinaus, in's Leben folgt mir nun des Himmels Lust. Dort auch bist ja du mir nahe, überall und jederzeit. Allerorten ist dein Tempel, wo das Herz sich fromm dir weiht. Segne, Herr, mich und die Meinen, segne unsern Lebensgang! Alles unser Tun und Wirken sei ein frommer Lobgesang.
Anhang. Das Gebet des Herrn Anbetend Deine Macht und Größe
1. Anbetend deine Macht und Grösse versinkt im Nichts mein bebend Ich.
Mit welchem Namen, deiner würdig, du Unnennbarer, preis’ ich dich? Wohl mir! Ich darf dich Vater nennen, nach deines Sohnes Unterricht; so sprech’ ich denn zu dir, mein Schöpfer, mit kindlich froher Zuversicht.
2. O Vater, der du bist im Himmel und überall zu jeder Zeit,
zu preisen deinen Vaternamen sei jedem Herzen Seligkeit! O lass durch deine Huld und Liebe erscheinen uns dein Gnadenreich, und treues Tun nach deinem Willen mach’ auch die Erde himmelgleich.
3. Herr, der Du nährst die jungen Raben, Du kennst auch Deiner Kinder Not.
Nicht ist vergebens unser Flehen: gib uns auch täglich unser Brot! Vergib uns, was wir irrend fehlten, wenn wir die Schuld vor Dir bereu'n, wie wir, auf Dein Gebot den Brüdern, wie wir den Feinden auch verzeih'n.
4. Will die Versuchung uns verlocken, gib Kraft, o Herr, zum Widerstand!
So vor der Seele höchstem Übel, vor Sünde schütz uns Deine Hand! Send' uns Geduld und Trost in Leiden! Und kann's zu unser'm Heil gescheh'n, so lass durch Deine Vatergüte den bittern Kelch vorübergeh'n!
Besetzung:
1. Fassung: Chor SATB und Orgel
2. Fassung: Chor SATB, Bläser (2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen), Pauken und Kontrabass, mit Orgel ad libitum.
Die Aufführungsdauer beträgt ca. 35 Minuten.
Die acht Gesänge und ein Anhang der Deutschen Messe sind im kirchlichen Alltag, insbesondere in Österreich und in Süddeutschland, bis zum heutigen Tag sehr verbreitet und populär.
Im Gotteslob (Ausgabe 2013) haben Teile der Deutschen Messe ihren Platz im Stammteil gefunden:
Wohin soll ich mich wenden (GL 145)
Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe! (GL 413) und
Heilig, heilig, heilig ... ist der Herr (GL 388).
Notenmaterial, Hörproben und Übungsdateien
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als MIDI- und/oder MP3-Version für Choristen
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in VS Technologie konvertiert in MP3 Format
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in VS Technologie konvertiert in MP3 Format
Drei Trainingsstufen sind verfügbar: die 1. Stufe enthält nur eine Stimmlage (z.B. Alt) mit Metronom. So kann man zunächst das Tempo lernen und die Partitur verstehen. Die 2. Stufe enthält alle Chorstimmen, wobei der eigene Part lauter gespielt wird als die anderen Stimmen. In der 3. Stufe werden alle Stimmen mit der gleichen Lautstärke und dem gleichen Klang erzeugt.
Literaturnachweis, Quellen, weiterführende Links:
Gotteslob, Katholisches Gebet- und Gesangbuch, Ausgabe für das Erzbistum Köln. 2013, Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart
Letzte Änderung am 04.02.2020 |