Gänsehaut im Hexenkessel - Pfarrsaal beeindruckt Karnevalsprofis

5. März 2014; M. Baumberger

Am 25. Januar 2014 fand "Die Sitzung" im Herzen der Südstadt zum 51. Mal statt.

 

Die eine Hexe steht auf dem Bierfass neben der Theke und winkt - hektisch. Die andere Hexe steht unweit neben ihr, in der Tür, die vor lauter Prinzengarde nicht mehr zu schließen ist. Sie spricht in das Mikro an ihrem Kragen: "Literatin an Bühne - Literatin an Bühne – Das Dreigestirn ist da!". Auf dem Fass stehend gibt sie Zeichen Richtung Bühne. Der Sänger nickt. Sie ist beruhigt. Kurz. Einer der Gardisten stößt sie versehentlich an. Sie versucht beschwichtigend zu lächeln, doch der Prinzenführer scheint an diesem Tag eher nicht zu Scherzen aufgelegt. Zu groß der Termindruck, zu wenig Zeit für den Auftritt. Er sieht auf die Uhr. Die Hexen auch. 15 Minuten Verzug. Beide drücken den Kopf tiefer ins Ohr, um das unverständliche Rauschen zu verstehen. Keine Chance. Zu gut ist die Stimmung unter den knapp 200 jecken Südstädtern. Präses Jojo Oepen erkennt die Situation dank jahrzehntelanger Sitzungserfahrung jedoch souverän – auch ohne Knopf im Ohr – und macht der Band den Zeitdruck deutlich. Als die Musik verstummt sehen sich die beiden Hexen an: "Jetzt ist alles gut," denken sie noch, bevor der Sänger die nächste Nummer ansagt, ohne die sie nicht von der Bühne gehen würden, selbst wenn das Dreigestirn mit den Hufen scharrt. Der Prinz lacht und die Menge hüpft rhythmisch zu den vertrauten Klängen des gekürzten "Haifischzahns". Und die Hexen? Sie grinsen wegen der Courage von Hanak, dem hüpfenden Saal und dem amüsierten Prinzen inmitten seiner gestressten Equipe. Im Mittelgang geben sich Micha Hirsch und Björn I. die Hand: "Sorry, wir mussten noch einen spielen." - "Kein Problem." Sie klopfen sich gegenseitig auf die Schulter und ziehen in entgegengesetzte Richtungen weiter.

 

Noch über eine Stunde bleiben Hanak im Foyer und schauen dem lauten, bunten Treiben zu, welches sich im mottogetreuen "Hexenkessel" von St. Severin abspielt. Zauberhaft scheint es tatsächlich zu sein, was sich auf den paar Quadratmetern mitten im Vringsveedel abspielt, denn nicht nur die Gäste scheinen ein wenig verzaubert vom unbändigen und grundehrlichen Geist des Karnevals: „Dat is ech kölsch!“ meint Micha Hirsch, deutet erst in den aufgeheizten Saal und dann auf seinen rechten Unterarm: "Han isch Gänsehaut!" "Natürlich!" entgegnet ihm die blonde Hexe: "Dat is die Südstadt!". Er grinst und die Hexen tun es ihm gleich. Sie sind stolz, dass eine so kleine Sitzung selbst die etablierten Größen des Kölner Karnevals beeindruckt. Denn auch Cat Ballou bedanken sich beim Publikum für die Gänsehaut und betonten, jederzeit wiederkommen zu wollen. Die Stimmung sei einfach unübertroffen. Michael Backes alias Schmitz Backes – die diesjährige Neuentdeckung von Literatin Bianca Weidenfeller - ist begeistert, so nah am historischen "Schmitz Backes" auftreten zu dürfen und freut sich schon auf das nächste Mal. Im Laufe des Spektakels, bei dem sich dieses Jahr Highlight an Highlight reihte, meinte man sogar kurz die glitzernde Narrenkappe eines Karnevalisten von allerhöchstem Rang zu erblicken. Ist dieser doch Sartory und Gürzenich gewohnt, bleibt er dennoch einige Zeit im hinteren Saal stehen, lacht herzlich über die Eskapaden von Schmitz Backes und klatscht mit dem Saal im Rhythmus zu "Et jitt kein Wood".


Eindrücke, derer sich die Stammkräfte wie die Roten Funken, die Ratsbläser oder die Pink Poms schon sicher sein können. Denn die 51. Sitzung hält die Tradition einer großartigen Atmosphäre mit einem über die Maßen engagierten Publikum in gewohnter Weise. Einzig die Neulinge in den Reihen der Helligen Knäächte und Mägde machen große Augen, als sich die Tür zum Saal öffnet. Da bleibt den Literatinnen Maike Baumberger und Bianca Weidenfeller nur eines zu sagen: "Hätzlich Willkommen auf der tollsten Sitzung der Stadt!"