Schützenzüge sammeln ehrenamtlich für arme Kinder
23. Juli 2009; | Lokalanzeiger | von Julia Herbring
„Wer einmal das Leid armer Kinder in Rumänien erlebt hat, kann nicht anders, er muss
einfach helfen“, der Meinung ist Wolfgang Kriesemer. Der Neusser gelangte 1993 aus
beruflichen Gründen nach Arad. Eigentlich sollte der Tischler dort in einer Berufsschule sein
Wissen weiter geben, doch als er in seiner freien Zeit die Zustände in einem Kinderheim erlebte,
wusste er, dass ihn diese Eindrücke nicht wieder loslassen würden. Zurück in der Quirinusstadt
trommelte Kriesemer Helfer zusammen, die ihm bei seinem Vorhaben, die Kinder zu unterstützen, unter
die Arme greifen konnten.
Und wo findet man in Neuss am schnellsten Hilfe? Bei den Schützen. Gemeinsam mit vier Zügen
der Schützenlust packt Kriesemer regelmäßig Lkws mit Hilfsgütern für Rumänien zusammen. „Die
Schützen halten eben nicht nur an den Festtagen zusammen, sie helfen das ganze Jahr dort, wo Hilfe
benötigt wird“, so der Initiator.
Die gute Aktion hat sich etabliert, die Neusser wissen, dass jeden Samstagmorgen von 10 bis
12 Uhr in den Kretschmar-Hallen Pakete entgegen genommen werden. „Die Resonanz ist wirklich
beeindruckend. Wir haben wieder so viele Pakete, dass wir gar nicht alles in den Lkw bekommen,
sondern schon den Grundstock für die nächste Ladung haben“, so die aktiven Schützen.
Benötigt werden Dinge des täglichen Lebens wie Kleidung, Bettzeug, Konservendosen und mehr.
Zudem kommen Kinderwagen, Inkontinezwindeln oder Fahrräder zusammen. Auch Schulmöbel, die hier
schon längst aussortiert wurden, sorgen in Rumänien für strahlende Augen: „Es ist jedes Mal
überwältigend, wie dankbar die Kinder, Eltern und Erzieher sind. Was hier schon zum alten Eisen
gehört, ist dort so viel wert.“ Wie das Leben der Kinder verlaufen kann, lässt sich am
traurigen Beispiel von zwei jungen Männern zeigen, die als Kleinkinder ins Heim gegeben wurden.
Dort wuchsen sie in ärmlichen Verhältnissen auf, Liebe war für sie ein Fremdwort. Kein Wunder, dass
die jungen Männer als Erwachsene kein normales Leben führen können.
Sie haben psychische Probleme, sind inkontinent und können nicht alleine leben. Mit der Hilfe
aus der Qurinusstadt können sie immerhin ihre aktuellen Lebensumstände verbessern.
Nicht nur materielle Spenden, in Form von Geschenken, helfen in Rumänien. Geld wird in den
Transport und in den Unterhalt von Krankenhäusern und Kinderheimen gesteckt.
Auch in Rumänien ist übrigens die Wirtschaftskrise zu spüren. „Auch wenn man kaum noch
glauben konnte, dass sich die Umstände auch verschlechtern können, mussten wir jetzt erleben, dass
nach einer Entlassungswelle im größten ortsansässigen
Unternehmen, die Armut immer mehr um sich greift“, muss Kriesemer berichten. Der
Pfarrer aus Arad, der eine Armenküche betreibt, verkauft gebrauchte Kleidung für einen kleinen
Preis an die bedürftigen.
Mittlerweile muss er die Waren verschenken, nicht mal für einen kleinen Obulus können sich
die Bewohner neue Kleidung leisten. Das hat zur Folge, dass er die Armenküche kaum noch
bewirtschaften kann, denn von dem Erlös der Kleidung zahlte er sonst die Nahrungsmittel. Kriesemer
überzeugt sich jedes Mal selbst davon, dass die Waren auch ankommen. „Wenn ich dann sehe, wie
viel Glück die Neusser bescheren, dann weiß ich, wofür sich der Aufwand lohnt“, so der
Tischler.
Das merken die Bürger der Quirinusstadt, denn ihre Bereitschaft, die engagierten Schützen zu
unterstützen, bricht auch nach 16 Jahren noch nicht ab. Das ist wohl die beste Motivation für die
Schützenzüge „Kreuzschiff 54“, „Hubertushirsch“,
„Treu Kolping“ und „Die Further Engel“ auch in Zukunft noch
weiterzumachen.
Infos gibt es bei Kriesemer unter Tel. 10 25 01 und im Internet unter
„www.rumaenienhilfe.tk“.