Karfreitagsliturgie 2008 in DünnwaldZ E R B R O C H E N
Eingangsgebet
Herr Jesus Christus, heute hier in dieser Stunde gedenken wir deines Todes. Für die Menschen, die dir damals gefolgt sind und die auf dich gehofft haben ist an diesem Tag vieles zerbrochen. Wir sind heute am Karfreitag eingeladen uns selbst anzusehen, mit all dem was in uns zerbrochen ist: Hoffnungen, Lebenspläne, Wünsche, Erwartungen, Perspektiven.
In der Spiegelscherbe sehen wir uns selber, durch das Kreuz mit dir verbunden in der Zerbrechlichkeit unseres Lebens. Du Herr bist deinen Weg bis zum Ende gegangen, dein Leben ist zerbrochen. Wollen wir uns mit Christus unter das Kreuz stellen, unser Kreuz und unsere Zerbrechlichkeiten annehmen?
Herr, wir sind hier als deine Gemeinde, um deinen Leidensweg bis zum Ende mitzugehen, den Weg der Erniedrigung und Erhöhung nachzuempfinden, als Zeichen unserer eigenen Zerbrechlichkeit dient uns die Spiegelscherbe.
Wir sehen uns nur zum Teil darin.
Herr, sei mit deinem Geist in unserer Mitte, gib uns Offenheit und Verletzbarkeit, damit wir hier in dieser Stunde uns deinem Leiden und dem Leiden der Welt stellen. Amen.
Lesung aus dem Buch Jesaja Jes 52, 13 - 53, 12
![]() Passion Joh 18, 1 - 19, 42
Kreuzenthüllung:
Einführung:
Warum sehe ich in den Spiegel? Ich kontrolliere mein Gesicht mein Aussehen
Mein Spiegelbild ist seitenverkehrt.
Wenn es zerbricht, stehe ich vor einem Scherbenhaufen.
Pilatus sitzt über den König der Juden zu Gericht,
Jesus verliert am Karfreitag sein Gesicht.
Geschlagen und mit Dornen gekrönt,
bespuckt, verlacht und verhöhnt,
gestorben in quälender Langsamkeit
wurde er sichtbar für uns in seinem Leid.
Zerbrochen ist die Hoffnung der Jünger,
die bis zuletzt auf eine machtvolle Demonstration politischer Stärke gewartet hatten. Sie hatten gehofft, dass er die römischen Besetzer des heiligen Landes vertreiben würde. Am Karfreitag lagen ihre Hoffnungen in Scherben.
1. Kreuzenthüllung
Zerbrochen war der Glaube der Jünger, dass alle Welt in Jesus von Nazareth den Sohn des allmächtigen und lebendigen Gottes erkennen wird und niederfällt, ihn anzubeten. Am Karfreitag lag all ihr Glaube in Scherben.
2. Kreuzenthüllung
Zerbrochen war die Gemeinschaft der Jünger. Als die Knechte des Hohen Priesters Jesus verhafteten, verlies sie der Mut. Voller Angst liefen sie davon und versuchten, die eigene Haut zu retten. Am Karfreitag blieben von der Gemeinschaft des Jüngerkreises Jesu nur Scherben.
3. Kreuzenthüllung
Zerbrochen war das Herz der Mutter Jesu. Unter dem Kreuz musste sie hilflos und ohnmächtig miterleben, wie ihr geliebter Sohn von römischen Soldaten wie ein Verbrecher hingerichtet wurde. Am Karfreitag ist die Mutter Jesu persönlich zerbrochen. Ihr blieben nur Scherben.
1. Lektor: Der zerbrochene Glaube
![]() Zerbrochen ist der Glaube!
An uns?
An wen?
Wie kann der Scherbenhaufen wieder
eine große Spiegelscherbe werden? Zerbrochen ist der Glaube!
An die Zukunft?
An mich?
An die Menschen?
An Machthaber?
An Gott?
Zerbrochen ist der Glaube - der Glaube daran,
dass es ohne echten Glauben geht.
Zerbrochen ist der Glaube - kreuz und quer.
Mein Glaube - durchkreuzt.
Alles Bruch - Bruch heißt aus der Sprache Jesu - Segen.
Mein Glaube ist am Ende?!
Ein Ende mit Neubeginn?
Lerne ich aus dem Scherbenhaufen des Glaubens?
2. Lektor: Gemeinden die zerbrechen
Als Jesus am Kreuz starb, brach für seine Jünger die Welt zusammen. Sie standen vor einem Scherbenhaufen. Das war aber nicht das Ende sondern durch die Auferstehung ein, Neuanfang.
Auch unsere Pfarrgemeinden sind ein schönes, lebendiges Spiegelbild.
Der Zusammenschluss dieser Gemeinden zu einem Pfarreienverbund oder einer großen Pfarrgemeinde bringt Unsicherheit, Misstrauen und Ängste mit sich. Wir stehen vor einem Scherbenhaufen.
Ebenso geht es vielen anderen katholischen und evangelischen Kirchengemeinden in unserer Stadt Köln, die sich teilweise sogar von ihren liebgewordenen Kirchen trennen müssen.
Mit viel Mühe werden Unsicherheit, Misstrauen und Ängste abgebaut.
Wenn alle mitmachen, wird – mit Gottes Hilfe – ein Neuanfang gelingen.
3. Lektor: Lebenspläne - Zerbrochen ist ein Traum.
Wir waren wie Brüder, haben zusammen Fußball gespielt und sind in die gleiche Klasse gegangen. Wir hatten viele Gemeinsamkeiten. Wir waren ein starkes Team.
Ich denke an gemeinsame Zeltlager und Wochenenden. Wir sind zusammen in Urlaub gefahren und haben zusammen Unsinn gemacht. Nichts konnte uns trennen, wir waren wie Zwillinge!
Und dann?
Ich ging studieren und er zum Bund, dann studierte er und machte seinen Doktor. Seine Freundin meinte, er sei etwas Besseres.
![]() Und er brach alle alten Verbindungen ab:
- Zu seiner Mutter
- Zu seinen Geschwistern
- Zu mir
Und wir hatten doch noch soviel vorgehabt.
Er war einmal mein Freund.
1. Lektor: Zerbrochen ist die Hoffnung
Zerbrochen ist der Glaube an Menschlichkeit und christliche Werte
Wir denken an die Kinder und Jugendlichen!
An die, die Opfer von Gewalt sind, von Missbrauch und Vergewaltigung, von Ausbeutung.
An die, die aufwachsen, ohne dass man sich um sie kümmert, ohne Liebe, ohne Zuhause, verlassen, allein.
An die, die keine Hoffnungen mehr haben, die abgestellt werden auf den Straßen, ausgenützt, verraten und verkauft.
Hilflos, ratlos, hoffnungslos! Zerrissen, abgestürzt, am Boden, gebrochen!
Ja, liebe deinen Nächsten wie dich selbst! Aber was ist Liebe?
- Die Schläge der Eltern, die sich für mich nicht interessieren? Ist das Liebe?
- Wenn ich auf der Strasse schlafen muss weil mich keiner haben will, ist das Liebe?
- Der Mensch, der mich überfällt und vergewaltigt, ist das Liebe?
- Wenn ich meine Sorgen im Alkohol und in Drogen ersticken muss, weil mir niemand zuhören will und weil ich am Leben kaputt gehe, ist das Liebe?
- Wenn ich weggeschlossen werde, weil ich Mist gebaut habe und sich dort keiner um mich kümmert, ist das Liebe?
- Wenn mir niemand Arbeit geben will, weil ich mal im Knast war, ist das Liebe?
- Wenn ich Menschen anschwärze, um sie los zu werden, ist das Liebe?
- Die Leute, die mir die Polizei auf den Hals hetzen, weil ich mit ein paar Freunden feiern möchte und wir vielleicht ein bisschen laut sind, ist das Liebe?
- Das ewige Nörgeln der Menschen, wenn sie sagen: "Sei ruhig, halt den Mund, hier kannst du nicht spielen!" Ist das Liebe?
- Wenn das Nötigste zum Leben fehlt, während andere in Saus und Braus leben, ist das Liebe?
- Wenn ich zusammengeschlagen werde, nur weil ich anders aussehe, ist das Liebe?
- Wenn man übereinander spricht statt miteinander, ist das Liebe!
- Also, was ist Liebe?
Hilflos, ratlos, hoffnungslos! Zerrissen, abgestürzt, am Boden! Verraten und verkauft!
Junges Leben - zerstört, missachtet und mit Füßen getreten, gebrochen, zerbrochen! 2. Lektor: Scherben, die ich verursacht habe mit der Einladung sich das Kreuz anzueignen.
Herr Jesus Christus, mit meiner Scherbe in der Hand stehe ich vor deinem Kreuz. Zerbrochen ist diese Begegnung, weil ich nicht in der Lage war, mich auf den Menschen einzulassen.
Zerbrochen ist die Chance, weil ich nicht in der Lage war, rücksichtsvoller und weniger vereinnahmend auf die Menschen zuzugehen.
Zerbrochen ist das Gespräch, ich konnte mal wieder nicht richtig zuhören.
Zerbrochen ist die Hoffnung für einen anderen Menschen, der auf mich wartet, denn es war mal wieder zuviel.
Dadurch stehe ich vor meinem eigenen Scherbenhaufen. Scherben, die ich verursache und dadurch für mich und für andere Hoffnungen, Erwartungen zerbrechen lasse, Enttäuschungen und Verbitterungen die hervorgerufen werden.
Herr Jesus Christus ich bringe sie an dein Kreuz. Ich sehe mich noch einmal in der Spiegelscherbe mit allen Verletzungen und ich lege sie ab.
Ich sehe mich und das Kreuz im Spiegel.
Herr Jesus Christus, lass mich mein Kreuz im Leben annehmen und schenke mir die Perspektive der Verwandlung und Veränderung.
Jeder und jede von uns wird bereits die Erfahrung gemacht haben, Scherben verursacht zu haben. Wir sind nun eingeladen, uns in Stille das Kreuz anzueignen, uns mit dem Leiden und Sterben Jesu zu verbinden und unsere Zerbrechlichkeit loszulassen, unsere Verletzungen, die wir anderen und uns zugefügt haben, auf den Scherbenhaufen vor dem Kreuz niederzulegen.
Ich blicke in den Spiegel.
Es ist ein kritischer Blick. Ich nehme sofort wahr, was stört. Meine Gedanken verheddern sich in Eitelkeiten: Sehen mich andere so, wie ich mich im Spiegel sehe? Sehe ich mich denn wie ich bin? Oder doch so wie ich als Christ sein sollte? Das Kreuz ist hoch aufgerichtet - ist es notwendig? „Am Anfang war alles gut“, sagt Gott unser Schöpfer. Aber am Anfang musste Gott schon fragen: „Adam, wo bist du“? Der Spiegel hat einen Riss bekommen, der Riss zwischen Gott und Mensch. Der Riss geht weiter zwischen Mann + Frau; Zwischen Frau + Frau und Mann + Mann. Sie schieben sich gegenseitig die Schuld zu für ein missratenes Leben. Da wird Macht ausgeübt: Ich bin in Ordnung - du nicht! Der Mensch will wie Gott sein. Doch sein Glück besteht nur darin, Trotz allem, Gott gibt uns nicht auf. Das Kreuz ist hoch aufgerichtet- ist es notwendig? Ich schaue in den Spiegel. Gott will mich als Gegenüber- als sein Ebenbild in meiner zerrissenen Welt. Er will mich an die Hand nehmen- nach Gethsemane und bis hierher nach Golgotha. Hier zeigt Gott mir, wie viel ihm an mir liegt. Das alles nimmt er auf sich, um mich zurück zu gewinnen; um sich mit mir zu versöhnen. Ich schaue in den Spiegel damit ich mein Leben verstehe und einordne, damit es eine Mitte bekommt. Der Riss ist meine Schuld! Ich muss Gott Recht geben in seinem Urteil über mich. Ich muss Gottes Urteil über mich anerkennen. Das Kreuz ist hoch aufgerichtet- es ist notwendig! Jesus Christus hat meine Verurteilung auf sich genommen, er tritt stellvertretend an meine Seite; aus Liebe. Gott nimmt den Riss nicht hin. Der Riss ist heilbar, das leere Kreuz ist Zeugnis! Dieses Zeugnis und Jesu Zusage gilt uns allen: Meine Schwester/mein Bruder, ich erkenne dich an, wie du bist. Du bist bei mir am Ziel: Vergebung (der Sünden) - die in Ewigkeit gilt! Herr Jesu, dein Reich komme, dein Wille geschehe. große Fürbitten: Priester 1 Lektor 2
Priester 1
Lektor 1 Priester 1 Vater unser Schlussgebet:
Gott, unser Gott, reicher Segen komme herab auf Dein Volk, das am heutigen Tag in das Todesgeschehen Deines Sohnes, unseres Bruders Jesus Christus mit hinein genommen worden ist. Wir leben in der Hoffnung auf die Auferstehung, wir leben in der Hoffnung, dass alles Leid und alle Verletzung verwandelt wird.
Schenke uns im Licht des Glaubens Verzeihung, Kraft und Liebe und stärke uns in der Hoffnung auf das ewige Leben bei Dir.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn, der durch alle Ausgrenzungen und Verletzungen unseres Lebens mit uns geht und uns in seine liebenden Arme nimmt. Amen.
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