Predigt vom 22. März

Im Evangelium dieses Sonntags hören wir in großer Ausführlichkeit von der Heilung eines Blinden. Sehr interessant an der Schilderung finde ich vor allem die Reaktionen der maßgeblichen Personen des religiösen und gesellschaftlichen Lebens. Kann so ein Wunder durch jemanden geschehen, der sich an geltendes Recht nicht hält, verbotenerweise am geheiligten Sabbat heilt? Kann man der Erzählung des Blinden trauen? War der vielleicht gar nicht blind? Es scheint auch hier mal wieder nach dem Grundsatz zu laufen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Und so erweisen sich gerade die Menschen als blind, die für andere eigentlich entscheiden sollen.

Bevor wir jetzt aber über die Pharisäer herziehen – wie steht es eigentlich mit uns selber? Kennen wir diese Reaktion nicht auch von uns, dass wir Dinge, die wir hören nicht glauben wollen, weil sie nicht in unsere Vorstellungen passen? Oder andere begierig aufnehmen, ohne sie näher zu prüfen, weil sie unsere Einstellung unterstreichen?

Gerade in der jetzigen Krise durch den Corona-Virus spalten sich die Leute auf in diejenigen, denen die Maßnahmen der Regierung nicht weit genug gehen, oder die anderen, die alles für übertrieben halten. Bei den vielen, stündlich eintreffenden Informationen fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Ich frage mich manchmal selber, bin ich jetzt "nicht übertrieben ängstlich" oder vielleicht doch "viel zu sorglos"?

Das rechte Augenmaß zu finden fällt uns im Augenblick vielleicht schwer. Aber wir sollten weiter danach suchen. Jesus will uns dabei "Licht" sein. Er war, aus einer innigen Beziehung zum Vater heraus, den Menschen zugewandt und war für sie heilsam. In diesem Fall kann schon Achtsamkeit im Umgang miteinander heilsam sein – eben nicht ansteckend, aber trotzdem einander zugewandt. Hier mit Kreativität neue Wege der Begegnung zu entdecken scheint mir sinnvoller, als in Diskussionen zu verharren, wer wann was falsch gemacht hat.

Ich wünsche Ihnen, auch im Namen des gesamten Pastoralteams alles Gute und Gottes reichen Segen

Diakon Philipp Jeffré