Ein interessantes und lehrreiches Programm wurde den 19 Teilnehmern bei den Schulungen im Rahmen
des Projektes Demenzsensible Kirchengemeinde geboten.
Angehörige von Menschen mit Demenz, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der Kirchengemeinde
und Interessierte erhielten eine Einführung in das Thema Demenz von Frau Dr. Ira Reupke,
Fachärztin für Neurologie und Oberärztin am Krankenhaus der Alexianer. Neben der Vermittlung
medizinischer Kenntnisse ging es Frau Dr. Reupke darum, den Blick auf den Menschen hinter dem
Krankheitsbild Demenz zu lenken. Die Teilnehmer lernten: Demenz ist nicht gleich Alzheimer. Zu
einer Demenz kann es durch unterschiedliche Krankheiten oder Störungen kommen. Daher ist eine
genaue Diagnose und Therapie bei einem Facharzt wichtig.
Am Nachmittag des ersten Schulungstages gab Frau Petra Becht, Gerontopsychiatrische Fachkraft
und Mitarbeiterin in der Tagespflege der Alexianer den Teilnehmern Hilfen zur Kommunikation und im
Umgang mit Menschen mit Demenz. Es wurde deutlich wie wichtig es ist, sich bei der Kommunikation
mit Menschen mit Demenz, Zeit zu nehmen, mit ruhiger und freundlicher Stimme und in einfachen
kurzen Sätzen mit ihnen zu sprechen.
Doch wie begegnet man Menschen mit Demenz, die durch „unpassende Verhaltensweisen“
auffallen? Was kann man tun, wenn jemand im Gottesdienst laut und falsch singt, während
der Predigt in der Kirche aufsteht und umhergeht oder nach dem Gottesdienst die Kirche nicht
verlassen will, weil er auf seine längst verstorbene Schwester wartet? Frau Becht gab den
Teilnehmern dazu drei Regeln an die Hand: 1. Vermeide Konfrontation
2. Handle zweckmäßig
3. Formuliere die Gefühle des Erkrankten und spende Trost.
Menschen mit Demenz brauchen einen Erlaubnisraum, in dem sie tun dürfen, was für sie, von ihrem
Erleben her, sinnvoll erscheint, wie z. B. das Warten auf eine Schwester, von der sie vergessen
haben, dass sie schon gestorben ist. Hilfreich ist hier, ein einfühlsames Gespräch mit dem
Wartenden über seine Schwester, oft ist es dann nicht mehr so wichtig, dass sie nicht
kommt.
An diesem Tag wurde deutlich, dass es nicht stimmt, dass man bei Demenz nichts für die
Erkrankten tun kann. Wenn es auch keine Medizin gibt, die eine Demenzerkrankung heilen kann, so ist
eine einfühlsame Begleitung sehr hilfreich.
Zwei Wochen später ging es beim zweiten Schulungstag um Spiritualität als Kraftquelle für
Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Frau Beatrice Döhner, gerontopsychiatrische Fachkraft und
Gestalttherapeutin erarbeitete zusammen mit den Teilnehmern die
religiöse Biografie von älteren Menschen: Wie wurden sie als Kinder erzogen und wie wurde der
Glaube damals gelebt? Welche spirituellen Bedürfnisse haben Menschen mit Demenz? Welche Rituale
können stärken und Trost spenden? Sehr anschaulich zeigte Frau Döhner wie man sich Menschen mit
Demenz nähert, sie anspricht, Wertschätzung ausdrückt, in einfache Worte und ins Gebet bringt, was
Menschen wichtig ist. Vor allem das Gebet für die Kinder, ist Müttern, gleich wie alt sie
geworden sind, wichtig. Nach der Erfahrung von Frau Döhner, die häufig Gottesdienste mit Menschen
mit Demenz feiert, wird persönliches Segnen von den meisten Menschen gerne angenommen.
Manche überlieferte Gebete und Lieder sind Menschen mit Demenz noch bekannt. Dabei muss es
nicht der ganze Text sein, schon ein Satz wie z. B.: „Maria, breit den Mantel aus, mach
Schutz und Schirm für uns daraus, dass wir darunter sicher stehen und alle Stürm
vorübergehen“, kann trösten.
Frau Sigrid Steimel, Seniorenberaterin in der Gerontopsychiatrische Beratungsstelle der LVR-
Klinik in Köln Mülheim stellte am Nachmittag Unterstützungsangebote für Menschen mit Demenz und
ihre Angehörigen vor. Ziel ihrer Arbeit ist, durch die Vermittlung verschiedener
Unterstützungsangebote zu ermöglichen, dass Menschen mit Demenz möglichst lange zu Hause leben
können.
Frau Steimel bietet Unterstützung bei der Höherstufung der Pflegestufe bei der Pflegekasse,
Beantragung von Betreuungsleistungen, Beratung, vermittelt bei Bedarf zu Fachärzten, stellt den
Kontakt her zu Häuslichen Unterstützungsdiensten, zum Hospizdienst für Menschen mit Demenz,
Tagespflegeeinrichtungen und Betreuungscafés für Menschen mit Demenz und veranstaltet Schulungen
für pflegende Angehörige. Den Teilnehmer wurde deutlich, wie wichtig die Beratung und
Unterstützung durch die Gerontopsychiatrische Beratungsstelle für pflegende Angehörige ist, denn
die Belastungen durch eine häufig lang andauernde Pflege sind sehr sehr
hoch.
Ein herzliches Dankeschön an die Projektleiterin Frau Antje Koehler, die das
Schulungs-programm zusammenstellte, kompetente Referenten engagierte und die es durch Übungen und
Texte verstand, den Teilnehmern das Thema Demenz nahe zu bringen.
Am Sonntag, 8. Dezember um 9. 30 Uhr findet in der Kirche Zur Heiligen Familie ein
besonders gestalteter Gottesdienst für Menschen
mit und ohne Demenz
statt.
Alle Gemeindemitglieder sind herzlich eingeladen.