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Unkel 

Etwas Kraftvolles geht von der Landschaft in Richtung Unkel und dem Siebengebirge aus", schreibt Paul Hübner in seiner Monographie über den Rheinstrom, und hier, in der fruchtbaren Ebene zwischen Erpeler Ley und Strom liegt auf einer ehemaligen Rheininsel der älteste Teil von Unkel mit Kirche und ehemaligem Königshof. Die Hauptverkehrsadern von Eisenbahn und Bundesstraße umgehen den Ort und geben ihm eine wohltuende Ruhe in seinen verwinkelten, von Fachwerkhäusern gesäumten Sträßchen und der baumbestandenen Rheinpromenade. Ende des 9. Jahrhunderts erscheint Unkel bereits im Güterverzeichnis der Abtei Prüm, die dort wegen der Weinlagen Besitz hatte. In der Nachfolge des sächsischen Kaiserhauses, an dessen Herrschaft wohl der Kirchenpatron St. Pantaleon erinnert, ist Mitte des 11. Jahrhunderts die Pfalzgrafentochter und Polenkönigin Richeza Herrin des Ortes, die lO55 den Zehnthof neben der Kirche an den Domkustos und zwei Jahre später den restlichen Besitz in Unkel an Erzbischof Anno II. zur Dotation des Kölner Stiftes Maria ad gradus schenkt. Diesem Stift gelang es, die Grundherrschaft über Unkel zu erwerben und das Hofgericht zu verwalten. Der Kölner Erzbischof festigte Mitte des 13. Jahrhunderts durch Kauf saynischer Besitzungen seine Landesherrschaft und machte Unkel zur kurkölnischen Landstadt, die im 16. Jahrhundert durch eine Stadtmauer gesichert wurde. 

Pfarrkirche St. Pantaleon Unkel im Sommer 2009Pfarrkirche St. Pantaleon Unkel im Sommer 2009Hart am Ufer des Rheinstromes erhebt sich die dem Hl. Pantaleon geweihte Pfarrkirche von Unkel. Ihr ungegliederter fünfgeschossiger Turm aus romanischer Zeit, etwas aus der Mittelachse des Langhauses verschoben und von gotischen Seitenschiffen umklammert und so in den Kirchenraum eingebunden, beherrscht das Panorama des Ortes und grüßt die vorbeiziehenden Schiffe. Nicht umsonst haben Merian, Wenzel Hollar, Reinier Roidkin, Charles Dupuis und Bamberger vom gegenüberliegenden Ufer aus ihre malerischen Ansichten von Unkel mit der Kirche als beherrschenden Mittelpunkt zu Papier gebracht. 
Der Turm gehört zum ursprünglich einschiffigen romanischen Kirchenbau, der im 13. Jahrhundert zu einer flachgedeckten dreischiffigen Basilika mit rundem Chorabschluss erweitert wurde, von dem noch Reste im Mittelschiff und Chor vorhanden sind. Um 13OO ersetzte man den romanischen Chorabschluss durch einen frühgotisch überwölbten sechsseitigen, von dem noch in die Sakristeianbauten einbezogene Strebepfeiler herrühren. Ende des 15. Jahrhunderts erhielt dann die Kirche ihre heutige Gestalt einer dreischiffigen Hallenkirche. Der Chor wurde nach Osten um ein Joch verlängert, wobei man die alten frühgotischen Maßwerkfenster der alten Chorapsis wieder verwendete. 
Seine östlichen Strebepfeiler zieren elegante Abschlüsse und wurden von der Skulpturenwelt gotischer Tier- und Fabelwesen beherrscht, die heute, stark verwittert, im Pfarrgarten aufbewahrt werden. Unter dem Nordostfenster, dessen Maßwerk in spätgotischer Zeit neu geschaffen wurde, befindet sich in einer Nische ein Hl. Grab aus der Zeit um 152O. Auf einem hohen Steinsockel liegt auf einem Leinentuch, das Nikodemus und Joseph von Arimathia halten, der Leib des toten Christus. Hinter der Tumba, dem Betrachter zugewandt, stehen Johannes und die drei Marien in betender Haltung. 
Betritt man die Kirche durch das tonnengewölbte Turmgeschoss, das sich zum Mittelschiff mit einem Rundbogen öffnet, so erhält man den Eindruck einer interessanten spätgotischen Kirchenerweiterung, in der sich ein neues nach Einheit strebendes Raumgefühl ausdrückt. Das Schiff ist durch vier Rundpfeiler, denen zur Mitte hin Dienste vorgesetzt sind, aufgeteilt, von denen die beiden östlichen von der Basilika des 14. Jahrhunderts, die beiden westlichen von der Umgestaltung von 15O2 stammen. Die Seitenschiffe sind vom Mittelschiff durch Scheidbögen mit Schienenprofil getrennt, die unmittelbar aus den Rundpfeilern wachsen. Der Unterschied in der Profilierung der beiden Jochen beruht darauf, dass im Ostjoch die alte Hochschiffwand der ehemaligen Basilika benutzt und bei der Umgestaltung zur Hallenkirche ausgebrochen wurde. Das Gewölbe des Mittelschiffes besteht aus zwei Kreuzgewölben, die durch Aufmalungen als Netzgewölbe gestaltet und so dem anschließenden Sterngewölbe im Langhausjoch vor dem Chor angepasst wurden. Die hohlgekehlten Rippen sitzen auf den den Rundpfeilern vorgelegten Diensten, am Turm auf einfach gestalteten Konsolen auf. Die Gewölbeschlusssteine tragen die Stadtwappen von Unkel, das Wappen des Kölner Erzbischofs Hermann von Hessen - der 1474 mit dem kaiserlichen Heer bei Unkel lagerte, um die Anhänger Karls des Kühnen vom Niederrhein abzuschneiden und auf den die spätgotische Umgestaltung der Unkeler Kirche zurückzuführen ist - sowie das Brustbild des Hl. Pantaleon, des Unkeler Pfarrpatrons. Das südliche Seitenschiff ist mit drei Kreuz- und einem Stereogewölbe versehen, deren Rippen auf einfachen Konsolen ruhen. Ihre Schlusssteine zieren die fünf Wundmale Christi, das Bildnis Maria Magdalenas und der Gottesmutter im Strahlenkranz. Das trapezförmige nördliche Seitenschiff ist eine Nachahmung des südlichen. Es war ursprünglich flachgedeckt, erhielt 1697 eine gewölbte Holzdecke, die erst im 19. Jahrhundert durch eine massive Einwölbung ersetzt wurde. 
Der um mehrere Stufen erhöhte Chor stammt in seiner Anlage aus dem 14. Jahrhundert, wobei das schmale Vorjoch des romanischen Baues mit benutzt wurde. Die durch Maßwerkfenster weitgehend aufgelösten Wände sind durch schlanke Runddienste mit einfachen Kelchkapitellen gegliedert, aus denen die Rippen der Sterngewölbe wachsen. Während der Schlussstein des Apsisgewölbes als einfacher Vierpass gestaltet ist, zeigt der Schlussstein im Chorjoch Christus als Schmerzensmann. 
Ein weiteres architektonisches Kleinod, wenn auch nicht allgemein zugänglich, ist die zweijochige Sakristei in Fortsetzung des südlichen Seitenschiffes, an dem wegen ähnlicher Stilmerkmale wahrscheinlich die Steinmetze der Kirchenbauten im benachbarten Bruchhausen und Rheinbreitbach mitgewirkt haben. Die Konsolen, auf denen die Rippen des Krenzgewölbes aufliegen, sind als Brustbilder von Propheten oder Apostel ausgebildet, und die beiden Gewölbeschlusssteine zeigen Christus als Weltenrichter und einen Heiligen mit Buch als Attribut. 
Ein großer Teil der reichen Innenausstattung der Unkeler Kirche stammt aus der Barockzeit und ist der Familie Eschenbrender zu verdanken, aus der Gottfried Eschenbrender zu Anfang des 18. Jahrhunderts als Pfarrer in Unkel wirkte und sein Bruder Andreas als Kölner Offizial und kurkölnischer Hofratspräsident während des spanischen Erbfolgekrieges die Geschicke des Kölner Kurstaates für den in Paris lebenden Kölner Kurfürsten leitete. Blickfang und Zentralpunkt ist der den ganzen Chorquerschnitt füllende Hochaltar aus dem Jahre 17O5 mit einem von zwei Säulenpaaren mit gewundenen Schäften flankierten rundbogigen Bildfeld. Sie tragen über einem verkröpften Gesims Viertelkreise, auf denen die Heiligen Petrus und Andreas sitzen. Sie flankieren einen Aufsatz mit einem Gemälde in einem Medaillon, das die Anbetung der Hl. Drei Könige zeigt. Das eigentliche Altarbild, bekrönt vom Wappen des bereits erwähnten Kölner Domherrn Andreas Eschenbrender, dem Stifter des Altares, stellt die Heilung eines Blinden durch den Hl. Pantaleon dar. Das reichgeschnitzte Chorgestühl, der ebenfalls aus der Zeit um 17OO stammende rechte Seitenaltar, Kanzel und Kirchenbänke sind dem Hochaltar angepasst und tragen mit zur Einheitlichkeit des Ausstattungsbildes bei. 
Aus spätgotischer Zeit stammt der feingliedrige schmiedeeiserne Hängeleuchter vor dem Chor, mit sieben geschweiften Armen, die Engel von mannigfacher und reizvoller Bildung in schöner farbiger Fassung mit den Leidenswerkzeugen tragen. Die Umschrift auf dem unteren Band dieses Leuchters: "o mater Dei nostri miserere anno 1527" gibt uns das Entstehungsjahr an. Ebenfalls noch dem späten Mittelalter gehören die Figuren eines Ecce homo, einer Anna selbdritt und eines Hl. Pantaleon an den Pfeilern an. Der Annenaltar im nördlichen Seitenschiff, eine Importware aus feinkörnigem Kalkstein, gehört in die Zeit der Renaissance und ist von den Brüdern Johann Adam und Bertram von Herrestorf gestiftet worden, wie die Stifterwappen ausweisen. 
Das Hauptfeld zeigt in Hochrelief vor perspektivischer Architektur den Tempelgang Mariens, darunter in anbetender Haltung die beiden Stifterfamilien und darüber in Relief die Geburt Christi, bekrönt von einem Krenz mit Maria Magdalena, Maria und Johannes, das älter ist als der Altaraufsatz und diesem wohl später zugefügt wurde. 
Die nördlich den Turm umfassende Langhausseite ist als Taufkapelle ein Kleinod von eigenem Reiz. Hier befindet sich das älteste Stück der innerkirchlichen Ausstattung: der romanische Taufstein aus der Zeit um 12OO aus Trachyt. Das kelchförmige Becken ruht auf einem klobigen zwölfeckigen Fuß. Die Kuppel ist mit zwölf Rundbogen geschmückt und wird von sechs Säulen getragen, deren Kapitelle in einen umlaufenden Palmettenkranz übergehen. Er gehört zu der Gruppe von Taufsteinen, die wohl in einer Werkstatt von Maria Laach gefertigt wurden und im Gebiet des unteren Mittelrheins und im Bergischen weit verbreitet sind. 
 Das Mittelteil des alten Hochaltares, eine derbe Holzschnittarbeit aus der Zeit um 14OO, hat hier ebenfalls seinen Platz gefunden. Unter vielfach variierten Baldachinen finden sich reliefartig gestaltete Szenen aus der Legende des Hl. Pantaleon. Beherrscht aber wird diese Kapelle von den barock lebhaften Gestalten der Vierzehn Nothelfer, deren Verehrung ein besonderes Anliegen von Pfarrer Eschenbrender war. Den Mittelpunkt bildet St. Georg, der Drachentöter, umgeben von den Heiligen Blasins und Erasmus, Vitus und Barbara, sowie Pantaleon, Katharina, Christophorus, Dionysius, Agidius, Margretha, Achatius, Eustachius und Cyriakus. Es handelt sich um gute Arbeiten aus den Jahren 1728 und 1729, wie die Signaturen auf den Figuren ausweisen. Die größte Kostbarkeit aber ist der kleine hausförmige Reliquienschrein aus Holz, eine Schöpfung der Kölner Malerschule, dessen von vergoldetem Maßwerk umrahmten Langseiten Szenen aus der Legende des Hl. Pantaleon zeigen. Die großen Vierpassmedaillons auf den Dachflächen schildern Verkündigung, Heimsuchung, Geburt Christi, Anbetung der Könige, Flucht nach Ägypten und Darstellung im Tempel. 
Die Kirche von Unkel wird vom "schönstgelegenen Friedhof am Rhein" umgeben. Die Wege sind von einer Menge guterhaltener Steinkreuze gesäumt, die teils mit Hausmarken, teils mit Berufszeichen oder bildlichem Schmuck versehen sind. Die ältesten Stücke reichen noch in die Spätgotik, in den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück und halten das Gedächtnis derer wach, die diese Kirche gestalteten, in ihr beteten und bei den Vierzehn Nothelfern, deren Bruderschaft auf eine fast 3OOjährige Tradition zurückblicken kann, Trost und Hilfe in mancherlei Mühsal des irdischen Lebens fanden. 

 (Lit.: Dehio, Rheinland-Pfalz, S. lO89ff.; Kd.Rh. Kreis Neuwied, S. 397-417; Schäfke, Werner: Der Rhein von Mainz bis Köln. DuMont Kunst-Reisefahrer Köln, 1982, S. 4O1 - 403; Rhein. Kunstst. H.  Unkel) 
 

Stimme der Gemeinde 

Die Unkeler sind stolz auf ihre schöne Kirche. Die meisten haben viele schönen Erinnerungen an wichtige festliche Stunden ihres Lebens in der Kirche. 
Besonders an Festtagen sind die Gottesdienste auch wegen des einmaligen Rahmens gut besucht, auch von Fremden. "Das war schön" ist ein oft gehörtes Lob, in dem Liturgie und Kirche eine untrennbare Einheit bilden. "Die" Pfarrkirche ist allen ein selbstverständlicher Begriff. Kaum ein Gast, kaum eine Besuchergruppe, die bei einem Stadtrundgang nicht in die Kirche geführt werden. Jede Veränderung wird mit größter Aufmerksamkeit registriert und diskutiert. 
Viele Unkeler haben ein persönliches Verhältnis zu einzelnen Kunstwerken — Kreuz, Madonna, 14 Nothelfer —. Großzügige Spenden setzen die Kirchengemeinde immer wieder in die Lage, Einzelwerke zu restaurieren. 
Oft kommen Ehepaare, die hier getraut wurden, um ihre Kinder in der Kirche taufen zu lassen oder ihr Ehejubiläum zu feiern. 
Bei den öffentlichen Feiern — Kirmes, Winzerfest usw. -- gehört das Hochamt in der Pfarrkirche zum festen Bestandteil des Programms. Den Schulkindern wird im Rahmen des Religionsunterrichts systematisch die Kirche erklärt. 
Mit Genugtuung hören wir immer wieder die staunende Anerkennung auswärtiger Besucher, die den Vergleich mit ihrer eigenen Pfarrkirche ziehen. 
Bruno Wegener, Pfr.1976-1997 
 


 
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